Ein R-Gespräch wurde angemeldet und ich nahm es entgegen. Die Frau am anderen Ende der Leitung weinte. Sie hätte nur noch, was sie auf dem Leib trägt und auch kein Geld für den Münzautomaten. Wir gestatteten ihr, auf Kosten des Vereins mit uns zu telefonieren.
Sonja hatte zwei Vereine gegründet. Ihr Mann war suizidgefährdet und daher in der Psychiatrie. Ein Verein hatte ein großes Haus angemietet und auf eigene Kosten schön ausgebaut. Es war ein Verein für internationalen Kulturaustausch. Sie hätte Gäste aus Indien. Die seien aber vom Vermieter bedroht worden. Sie musste sie anderweitig unterbringen.
Der Vermieter war ein Regierungsmitglied mit viel Einfluss. Er hat das Mietverhältnis gekündigt, denn nachdem des vorher heruntergekommene Haus ausgebaut war, wollte er es anderweitig nutzen und sei damit auch vor Gericht durchgekommen. Heute lief die Frist ab für ein Rechtsmittel. Der Vermieter hätte aber das Haus leer geräumt, alles auf zwei LKW geladen und als sie ankam, hätte sie die LKW nur noch von hinten gesehen.
Auch alle Akten, Beweise, Mietvertrag hätte er mitgenommen. Sie wüsste nicht, wohin er ihre Sachen bringen würde. Es sei aber zu befürchten, dass er sie einfach entsorgen würde.
Ich half ihr, so gut es ging. Ich schrieb die Behörden an, um Obdachlosigkeit zu verhindern. wegen mangelnder Mitwirkung erhielt sie keine Sozialhilfe. Mitwirken konnte sie nicht, denn an die Unterklagen kam sie aufgrund der Räumung nicht heran. Die Zahlung der Sozialhilfe wurde abgelehnt. Dadurch geriet sie in Mietrückstand und verlor auch ihre Privatwohnung. Weitere Rechtsmittel wurde nicht zugelassen. Sie konnte sich keinen weiteren Anwalt leisten und wurde obdachlos. Ihr Ehemann wollte nichts mehr hören. Sie war mit ihren Problemen allein.
Nach etwa sechs Monaten brach der Kontakt ab. Alle Versuche, ihn wieder aufzunehmen, blieben erfolglos. Sonja blieb verschwunden. Sie lebte in Tübingen.