IShareGossip -Cyber-Mobbing

Hackfresse, Hure und Streber sind noch die harmloseren Beschimpfungen, mit denen Schüler im Internet übereinander herfallen. Cyber-Mobbing greift immer mehr um sich. Familienministerin Christina Schröder ließ jetzt eine der schlimmsten Hetz-Seiten namens Isharegossip auf den Index setzen. Doch wirklich nutzen wird das wenig. Westpol hat mit Opfern, Eltern und Lehrern gesprochen, was man gegen das Mobbing im Netz machen kann.

Hilft die Sperrung von Hetz-Seiten im Internet?

„so behindert wie du aussiehst. Fühl dich mal nicht so geil du kleines stück scheiße … weißte meinste weil du blond wärst … bist die tollste du kleine pornoschlampe … also pass auf über wen du nutte dumm laberst … sonst laberst du das letzte mal. ich sag dir das nur einmal.“ So etwas im Internet über sich zu lesen hatte Lena, wie wir sie nennen sollen, tief getroffen. Die 16-Jährige aus Westfalen möchte unerkannt bleiben. Wie die meisten Schüler hat sich Lena in einem sozialen Netzwerk im Internet angemeldet. Und wurde zum Mobbing-Opfer. „Die ganze Sache hat mit Mobbing in der Schule angefangen“, erzählt sie. „Zuerst waren es kleine Beleidigungen auf den Fluren oder ein Auslachen im Vorbeigehen. Das hat sich dann immer weiter zugespitzt bis dann irgendwann die erste Nachricht übers Internet über einen anonymen Account kam.“
Attacken mit Worten im Internet

Viele Schüler kennen die Situation

Streitigkeiten unter Schülern gibt es längst nicht mehr nur auf dem Schulhof. Aus direkten Handgreiflichkeiten sind Attacken mit Worten im Internet geworden. Der Opferschutzbeauftragte der Polizei in Siegen geht regelmäßig in Schulklassen. Fast die halbe Klasse war schon Opfer, aber auch Täter sind dabei. Volker vom Hagen versucht das Unrechtsbewusstsein der Schüler zu schärfen. „Früher habe ich etwas von Ladendiebstahl erzählt, da gingen die Blicke nach oben. Heute sage ich etwas zum Recht am eigenen Bild, Beleidigen, Gewaltvideos. Dann merke ich schon von den Reaktionen her, wie die Schüler auf ihren Stühlen herumrutschen und nach oben gucken, dass sehr viele betroffen sind.“
Ratlosigkeit bei den Betroffenen

Viele halten die Hänseleien im Internet noch für einen Spaß. Ein Schüler erzählt: „Wenn man einmal etwas schreibt, auch aus Spaß, dann kann man das auch falsch verstehen. Bei mir hat einmal ein Nachbar aus Spaß meinen Namen geändert in Schüler cc – und das fand ich auch nicht so gut.“ Eine Schülerin berichtet von der Ratlosigkeit in einer solchen Situation. „Also, es ist schon schlimm, einfach gemobbt zu werden. Man weiß ja nicht, was man machen soll in dem Moment, ob man es seinen Eltern sagen soll, oder …“ Die meisten Eltern kriegen nicht mit, was ihre Kinder im Netz machen. Bei SchülerVZ oder Facebook sind die Kids in geschlossenen Gruppen unter sich. Nur wenige Seiten sind so offen wie Isharegossip. Dort wird nicht nur Tratsch ausgetauscht, dort wird besonders schlimm gemobbt: „Igor aus der 13 hat Schuppen.“ „voll die Schwuchtels“ „Müller kifft und die fickt jeden, der sie anfasst.“ „Wer bist du, ich hau dich kaputt junge.“
Anonymität lässt Hemmschwelle sinken

Die Seite ist zwar auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, doch das hilft gar nichts, sagt Melissa. Die Studentin ist Juuuport-Scout und kümmert sich ehrenamtlich um Mobbing-Opfer im Internet. „Dadurch, dass sie anonym was posten können, sinkt die Hemmschwelle einfach total. Und das führt dazu, dass man etwas sagt, was man in der Realität wahrscheinlich nicht gesagt oder getan hätte.“ Im Forum der Internetseite Juuuport melden sich Betroffene anonym und bekennen: „Keiner mag mich … was soll ich machen?“ Melissa rät dann, Eltern und Lehrer anzusprechen. Und wenn das nicht reicht, vermittelt sie Psychologen oder Anwälte.
Anti-Mobbing-Training

Mobbing verletzt – auf dem Schulhof und im Internet. Am Bert-Brecht-Gymnasium in Dortmund gibt es deshalb regelmäßig Anti-Mobbing-Training. Hier sollen die Schüler lernen, wie sie sich in der Schule und im Netz wehren können. Mobbing im Rollenspiel, um abzuschrecken. Oberstufenschüler leiten als Streitschlichter Fünftklässler an. Noch sind die Jüngeren selten im Internet unterwegs, deshalb sollen sie frühzeitig über Cyber-Mobbing aufgeklärt werden. Das ist wichtig, erzählt eine Schülerin. „Wenn man sich in die Situation hineinversetzt, fühlt man wie das, wenn man einen mobbt oder gemobbt wird. Dann weiß man, wie es dem anderen dann geht und hört auf mit mobben.“ Auch Streitschlichter Robin Blank hat schon Erfahrungen mit Mobbing gemacht – sowohl auf der aktiven als auch auf der passiven Seite. „Ich mache das jetzt im Endeffekt deswegen. Ich möchte nicht, dass es anderen Leuten genauso geht.“
Seelische Wunden

Auch an anderen Gymnasien gab es so schlimme Mobbingfälle, dass Schüler krank wurden und zu Hause blieben. Mobbing-Opfer Lena hat sich nach dem ersten Schock nicht zurückgezogen, sondern mit ihren Eltern gesprochen. „Wir haben überlegt, was am besten zu machen ist, und haben uns bei der Polizei informiert. Die hat sich relativ schnell eingeschaltet und uns Hilfe angeboten.“

Lenas Mobber wurden gefunden. Es gab eine Aussprache mit der Polizei. Seit dem hat sie zwar keine Angst mehr, aber die seelischen Wunden sind tief und werden nicht so schnell verheilen.

Quelle: http://www.wdr.de/tv/westpol/sendungsbeitraege/2011/0403/cyber-mobbing.jsp

Kommentar:
Lenas Mobber wurden gefunden. Es gab eine Aussprache mit der Polizei. Und nun?
Was ist mit dem Schaden, er aktuell entstanden ist? Was ist mit den Spätfolgen? Die Wunden sind tief und werden nicht so schnell verheilen. Natürlich nicht! Ohne eine gute Traumatherapie verheilen sie vielleicht nie, weil Lena immer wieder angetriggert werden wird.
Und wer soll das bezahlen?
Lena? Ihre Eltern? Die Polizei, die den Fall nur strafrechtlich behandelt? Wie kurzsichtig.

Was ist mit den zivilrechtlichen Ansprüchen auf Schadensersatz und Schmerzensgeld? Nur eine hohe Summe ist geeignet, dem Täter bewußt zu machen, das sich Straftaten wie Cyber-Mobbing nicht lohnen, weil sie zivilrechtliche Konsequenzen haben. Im Fall Lena sieht es so aus, dass der Täter ungeschoren davonkommt. Mit einem „Tschuldigung“ soll alles wieder gut sein?

Wann hören wir in Deutschland endlich auf mit Täterschutz und kümmern uns um die Opfer?

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Über Ricarda

Margit Ricarda Rolf - Gründerin und Leiterin der Mobbing-Zentrale mit mehr als 12.000 erfolgreich beendeten Mobbingfällen.
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