Sie rief täglich an, kreischte ins Telefon, wir müssten ihr helfen. Und täglich sagten wir ihr, sie solle uns die Unterlagen schriftlich schicken. Das wiederholte sich Tag für Tag. Sie machte uns alle verrückt.
Dann kamen die Unterlagen. Ungefähr 300 Seiten handschriftlich eng beschriebenes kariertes Papier und wieder täglich Anrufe. Wer liest sich da durch? Natürlich. Es blieb wieder an mir hängen, der Leseratte.
Was ich verstanden habe:
Sie hatte einen Freund, mit dem sie Schluss gemacht hatte, was der nicht akzeptierte. Er fuhr ihr ständig nach, auch bis an den Arbeitsplatz. Er bedrohte und belästigte sie. Einige Male hatte er sie eingeholt und auf den Serpentinen versucht abzudrängen. Einmal sei sie die Böschung runter. War bewusstlos. Man würde verbreiten, sie sei verrückt. Der Arbeitgeber würde das auch schon glauben. Sie sei völlig fertig.
Es hagelte Anzeigen. Sie wäre an Orten gesehen worden, wo sie nie war. Sie behauptete eine Doppelgängerin zu haben, die neue Freundin ihres Ex, und diese würde an ihrer Stelle Straftaten begehen, für die sie angezeigt würde.
Wir schickten die Akte zurück und baten um eine lesbare Variante. Damals kannten wir Stalking noch nicht. Heute würden wir damit anders umgehen.