Lübeck – Ein 24-jähriger Lagerist behauptet in TV-Magazin, das Internet-Netzwerk „Isharegossip“ programmiert zu haben und plaudert Insiderwissen aus. 60 Opfer erstatten Strafanzeige. Staatsanwaltschaft kündigt Ermittlungen an.
Lästern, Lügen, Denunzieren: Seit Monaten sorgt die Internet-Plattform „Isharegossip“ für jede Menge Ärger. Mit derben Sprüchen können Schüler auf dem anonymen Mobbing-Portal Schulkameraden, Lehrer und Schulen verbal attackieren. Im März ließ Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) die Seite auf den Index setzen. Seither ist das Portal bei Suchmaschinen nicht mehr zu finden. Polizei und Staatsanwaltschaft fahnden mit Hochdruck nach den Betreibern. Jetzt führt die Spur in den Norden: Ein 24-jähriger Lübecker behauptet, hinter „Isharegossip“zu stecken.
Geschickt verschleiern die Portal-Betreiber ihre Identität. Alle Spuren endeten für die Ermittler der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt/Main bislang im Nichts. „Über 60 Strafanzeigen liegen bislang bei uns vor – wegen Beleidigung, Volksverhetzung und übler Nachrede“, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Günter Wittig den LN. Viel schlimmer und kaum in Paragraphen zu fassen aber sind die seelischen Folgen für die Opfer der Hass-Attacken. Wer als „Schlampe“ oder „Hure“ öffentlich tituliert wird, für den wird der Weg zur Schule zum Spießrutenlauf. Längst füllen Beleidigungen gegen Schüler aus dem Norden die Seite. „Für manchen Betroffenen ist das ganz übel“, sagt Wittig.
Die Jagd nach dem Verantwortlichen ist schwierig. Bei der im Impressum genannten Firma „Jufax Intertainment“ handelt es sich um eine Briefkastenfirma in Lettland. Der angebliche Betreiber der Webseite Alexander Liepa hat mit dem Mobbing-Portal nichts zu tun – er ist Erfinder der Pringles-Chips.
Jetzt hat ein Internet-Informant Reporter des Sat.1-Magazins „Akte 2011“ auf die Spur von Manuel T. geführt. Der 24-jährige Lübecker behauptet: „Ich bin Betreiber von ,Isharegossip’.“ Gemeinsam mit drei Freunden habe er die Idee für die Plattform gehabt. „Wir wollten Leute, die wir nicht mochten, auf einer entsprechenden Seite im Internet bloßstellen.“ Eine schäbige Idee, die bei vielen Jugendlichen offenbar ankommt: Manuel T. spricht von bis zu 1,5 Millionen Klicks pro Tag. Für jeden Besuch der Seite bekomme er Geld. Verantwortlich oder gar schuldig für das Leid, das die Seite verursache, fühle er sich nicht. „Ich bin nicht daran schuld, dass irgendwelche Kinder sich umbringen wollen oder deshalb Massenschlägereien ausgelöst werden. Dann müssten sich Marc Zuckerberg und die Betreiber von StudiVZ genauso schuldig fühlen, denn da wird auch Cybermobbing betrieben.“ In dem Sat.1-Interview plaudert der Lagerist über Interna, die eigentlich nur die tatsächlichen Betreiber wissen können. Ob Manuel T. aber tatsächlich hinter dem Mobbing-Portal steckt oder ein Trittbrettfahrer ist? „Wir werden diese Spur jetzt sehr genau verfolgen“, kündigt der Frankfurter Staatsanwalt an.
Von Bastian Modrow