Am 17.05.2013 habe ich Bundespräsident Gauck angeschrieben. Seitdem telefoniere ich regelmäßig mit dem Bundespräsidialamt. Zuerst wurde mir erklärt, ich müsse mich mindestens 6 Wochen gedulden. Mal war mein Schreiben noch nicht im Computer, dann nicht auffindbar, abgegeben an Referat 10 – Angelegenheiten für Inneres, dann bei der Sachbearbeiterin Wiegand, die aber entweder zu Tisch, nicht am Platz oder nicht im Hause war. Heute hatte ich sie endlich am Telefon. Ihr werdet nicht glauben, was diese Person mir mitgeteilt hat. Da ich angekündigt habe mit meinem Schreiben und der Antwort des Bundespräsidenten an die Öffentlichkeit zu gehen, wird mein Schreiben nicht beantwortet.
Als Westdeutsche war ich es bisher gewohnt, dass ich auf Schreiben an Öffentliche Stellen zunächst eine Eingabebestätigung erhalte, dann eine Abgabenachricht mit der Mitteilung, wer mein Schreiben beantwortet und zuletzt eine Antwort. Von Merkel ist man ja aussitzen bereits gewohnt. Jetzt greift diese schlechte Gewohnheit also auch auf das Bundespräsidialamt über. Honecker konnte so vielleicht mit seinen Bürgern umgehen. Aber es ist an der Zeit den Politikern mit Ost-Vergangenheit Nachhilfe im Umgang mit den Bürgern zu erteilen. Wenn Gauck nicht bereit ist sich demokratischen Geflogenheiten anzupassen, sollte er von seinem Amt zurücktreten.
Hier nun mein Brief vom 17.05.2013, der dann wohl ohne Antwort bleiben wird:
Bundespräsidialamt
Herrn Bundespräsident Gauck
Spreeweg 1
10557 Berlin
Hamburg, 17.05.2013
Umgang mit IM´s
Guten Tag Herr Bundespräsident,
das neue Buch „Das erste Leben der Angela M.“ veranlasst mich Ihnen zu schreiben, denn es wirft Fragen auf.
Zunächst möchte ich mich Ihnen aber vorstellen. Ich wurde in Hamburg in der BRD geboren im Jahre 1953, in einer Freien Stadt mit einem Hafen, der das Tor zur Welt bedeutet, in einem Staat, der Demokratie bereits ab dem 5. Schuljahr praktizierte. Ich war Klassen- und Schulsprecherin und später Landesjugendvorsitzende der DAG. Im Jahre 1997 erlebte ich selbst Mobbing und gründete die Mobbing-Zentrale. Seitdem habe ich mehr als 11.000 Betroffenen geholfen, darunter vielen aus der DDR. Im April 1998 gab ich eine Pressekonferenz zu dem Thema „Mobbing mit Stasi-Hintergrund“. Die Presse nahm mich nicht ernst. In meiner Pressemappe lag auch ein Auszug aus der Richtlinie 1/76 von Mielke, die ich überschrieb „Gebrauchsanweisung zum Mobbing“.
Nachdem die Grenzen aufgingen und das MfS aufgelöst wurde, verfügten wir über Daten von hauptamtlichen Mitarbeitern der Stasi und konnten viele identifizieren. Nach dem Namensänderungsgesetz hießen diese Leute durch Heirat plötzlich Müller oder Meyer und tauchten endgültig unter. Viele von ihnen arbeiteten im Untergrund weiter. Etliche IM´s und andere setzten die Verfolgung ihrer Opfer auch im Westen fort. Das betraf nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Personen, die vor 1989 in den Westen kamen und sich hier eine selbständige Existenz aufgebaut hatten. Inzwischen wissen wir, dass es Gruppen gibt, die in geschlossenen Foren Wetten abschließen, wie lange jemand braucht, um ein Opfer in den Tod zu treiben. Opfer sind häufig alleinstehende Frauen. Wir nennen das Gang-Stalking. Geht es dabei um ehemalige DDR-Bürger und vermuten wir einen IM-Hintergrund nennen wir es „Organisiertes Stalking“. Es geht dabei offensichtlich um viel Geld.
Das neue Buch weist auf einen Vorfall hin im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Lothar de Maiziere. Der Regierung wurde auf 19 Seiten dargelegt, dass er IM Czerni war. Schäuble hielt das Dokument zurück, schrieb es auf 5 Seiten um, und behauptete genau das Gegenteil. Zwei Mitarbeiter Ihres Hauses gingen an die Presse und dementierten das, worauf sie von Ihnen fristlos entlassen wurden. Die Autoren beriefen sich auf das von Ihnen veröffentlichte Buch „Winter im Sommer- Frühling im Herbst“. Also habe ich es mir gekauft und ebenfalls vollständig gelesen. Immerhin nehmen sie offen zu dem Vorwurf, IM larve gewesen zu sein, Stellung. Sie setzen sich also mit Fragen um Ihre Person auseinander.
Sie erklären darin, dass Ihnen die Entlassung der beiden Historiker Leid getan hätte, Sie aber keine Wahl gehabt hätten, weil beide nicht befugt waren an die Presse heranzutreten. Mir ist nicht bekannt, ob beide versucht haben die Angelegenheit in einem Arbeitsgerichtsverfahren zu klären.
Die Autoren erklären weiter, dass Uwe Müller von der Welt die Herausgabe jener 19 Seiten über de Maiziere eingeklagt und ihnen das Dokument zur Verfügung gestellt habe. In Ihrem Buch schreiben Sie, dass sowohl Kohl, als auch Schäuble versucht hätten durchzusetzen, dass alle Stasi-Akten vernichtet werden. Mir ist bekannt, dass auch Genscher als IM geführt worden ist. Ich vermute, und das bestätigen sie in Ihrem Buch teilweise, dass Stasi-Akten von jedem angelegt wurden, der in die DDR eingereist ist, in der Hoffnung durch sie an Informationen zu kommen, egal, ob freiwillig oder nicht. Inzwischen ist ja auch geklärt, dass die Akte von Kohl sehr wohl eingesehen werden darf.
Die Autoren schildern eindrucksvoll, wie Lothar de Maiziere vorgegangen ist, um Angela Merkel in den Bundestag zu bringen. Zur Stichwahl zwischen Merkel und Zemke bemerken sie, er sei ihr erstes Opfer geworden. Die Summe der Merkel-Opfer ist inzwischen sehr lang.
Es kursiert das Gerücht, sie sei IM Erika gewesen und ihre Akte sei leer. Während im Fall von Lothar de Maiziere offensichtlich viel Material gefunden wurde, bleibt die Vergangenheit der Kanzlerin weitestgehend im Dunkeln.
Sie betonen immer wieder, wie wichtig die Freiheit sei. Als Kind der Freiheit, teile ich diese Ansicht nur bedingt, denn meine Freiheit endet genau da, wo die des anderen beginnt. Freiheit heißt auch Verantwortung. Obwohl Sie auch die Verantwortung kurz ansprechen, kommt sie mir entschieden zu kurz. Immer wieder verwenden sie in Ihrem Buch die Floskel „den aufrechten Gang lernen“. Für mich heißt Verantwortung übernehmen auch Wiedergutmachung. Was ist es Wert, wenn eine Mutter in der DDR verhaftet wird, man ihr die beiden kleinen Töchter wegnimmt, sie in eine Stasi-Familie bringt, ihnen erzählt, die Mutter sei tot und sie ohne Mutter aufwachsen müssen? Was ist es in Euro wert?
Sie diskutieren auch das Thema „Schlussstrich ziehen“. Kohl und Schäuble hätte das bestimmt gefallen. Den Opfern gefällt es nicht. Es kann auch nicht gefallen mit Almosen abgespeist zu werden, in einem Staat, der Banker und Steuerhinterzieher mit Samthandschuhen anfasst. Wir haben in diesem Staat noch immer Täterschutz. Die Opfer bleiben auf der Strecke. Gehört zur Verantwortung nicht mehr?
Ich erwarte von Ihnen als Bundespräsident, dass sie öffentlich Stellung nehmen zu dem Verhalten von Schäuble und seiner Umschreibung in Sachen Lothar de Maiziere. Schlimm genug, dass wahrheitsliebende Menschen, wie die beiden Historiker ihren Hut nehmen mussten. Solche Menschen nennen wir übrigens Whistleblower und der EUGH schützt sie ausdrücklich. Aber jetzt haben Sie die Gelegenheit, das Unrecht wieder gut zu machen. Was hat Schäuble damals getrieben, was treibt ihn heute? Was befürchten Kohl oder Schäuble, was die Stasi-Akten offenbaren könnten?
Die Autoren gehen auch auf Gorbatschow ein, der in ungewöhnlich harschem Ton gefordert habe, dass die strafrechtliche Verfolgung der SED-Führung, der Spione und der Sicherheitskräfte zu unterbleiben habe. Sie alle laufen frei rum. Viele Betroffene schildern, dieselben Leute, die damals für die Stasi gearbeitet haben, sitzen wieder in Führungspositionen. Sie haben beginnend mit 1986 !!! ihre Lebensläufe frisiert und wurden Leiter von Arbeitsämtern, Bankdirektoren und Richter.
Als Leiter der Gauck-Behörde mögen Ihnen die Hände gebunden gewesen sein, wie sie schrieben. Von unserem Bundespräsidenten dagegen erwarte ich Aufklärung. Hat Merkel Sie als Bundespräsident verhindern wollen, weil Sie mehr über sie wissen, als ihr Recht sein kann, dass es öffentlich bekannt wird?
Würden die IM´s geläutert sein und ihre Reue zeigen, könnte man mit der Situation vielleicht umgehen. Hier darf ich den Pastor an ein Herrenwort erinnern: „Wer gestohlen hat, stehle nicht mehr, sondern gebe vielmehr doppelt zurück.“ Etliche IM´s können nicht aufhören. Wer die Methodik der Zersetzung in Potsdam gelernt hat und Mielke ernst nimmt, der die Fortführung im Untergrund gefordert hat, der zersetzt weiter. Auch wenn die Stasi heute kein Ministerium mehr hat, die alten Seilschaften existieren noch und einzelne wenden heute als Vorgesetzte die erlernten Methoden gezielt an, um sich Vorteile zu verschaffen.
180.000 IM´s haben sich quasi über Nacht in Luft aufgelöst. Viele sind in den Westen gegangen und haben viele Unternehmen wie Metastasen infiziert. Man erkennt diese Leute oft an ihrer Handschrift. Ich frage meine Kunden gezielt danach, wenn ich einen Verdacht habe. Wessis haben sich die Methode inzwischen abgeschaut und kopieren sie. Die Angst vor Hartz IV tut ihr übriges. Wo wir vor der Wende Menschen im Westen hatten, die stets aufrecht gingen, haben wir heute ein Volk von Duckmäusern. Die Ossis haben eben nicht den aufrechten Gang gelernt, das erlebe ich in meinen Beratungen immer wieder, sondern haben der jungen Generation in Ost und West gelehrt, sich zu ducken. Angst regiert die Menschen in unserem Land.
In den Hartz IV-Ämtern werden die Menschen eingeschüchtert. Viele gehen inzwischen lieber betteln, als sich dort menschenverachtend behandeln zu lassen. Ich spreche Bettler an und frage nach ihrem Schicksal. Etliche hätten einen Anspruch auf Leistungen, haben aber mit den Sachbearbeitern sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Für mich hat das ganze System und es hängt für mich unmittelbar mit dem Führungsstil von Merkel und Schäuble zusammen.
Sie schreiben, Sie seien in einem sonnigen Herbst Ihres Lebens angekommen. Für die Opfer ist noch immer sibirischer Winter. Ich erwarte von Ihnen, gerade von Ihnen, dass Sie sich der Stasi-Opfer annehmen. Ich werde von der Vision getragen: „Menschen, frei von Angst am Arbeitsplatz und in der Schule“. Dazu gehört auch eine Teilhabe am Leben. Zur Teilhabe am Leben gehören Geld und Gesundheit. 70 % aller Erkrankungen gehen heute auf das Konto psychische Belastungen.
Freiheit ist nicht nur räumlich, sondern vor allen Dingen eine Geisteshaltung. Übernehmen Sie bitte Verantwortung für die gebeutelten Menschen in unserem Land und tragen sie bitte dafür Sorge, dass auch die Opfer wieder aufrecht gehen können, die Täter nicht angeprangert, sondern identifiziert und zur Verantwortung gezogen werden. Beginnen wir bitte mit dem Vorfall Schäuble in der Sache Lothar de Maiziere. Wer wie Schäuble glaubt, Dokumente verfälschen zu dürfen, der muss sich dafür auch öffentlich verantworten. Ich erwarte von Ihnen, dass sie hier aktiv Ihren Beitrag leisten.
Mit freundlichem Gruß
Margit Ricarda Rolf
Da Bundespräsident Gauck es vorzieht nicht zu antworten, fordere ich ihn hiermit zum Rücktritt auf. Einen Bundespräsidenten, der die Fragen der Bürger nicht beantworten will, braucht unser Land nicht.