Bekämpfung von Cybermobbing
In den sozialen Netzwerken im Internet ist es wie im richtigen Leben: Es wird viel und schlecht über Abwesende geredet. Allerdings kann sich das schlechte Gerede hier explosionsartig vervielfachen. In Frankreich wird nun ein neuer Weg gegen das so genannte Cybermobbing beschritten.
Von Evi Seibert, ARD-Hörfunkstudio Paris
Für die 15-jährige Marie war es ein echter Alptraum: „Ich war eines Tages bei meiner Freundin, da sagte sie, ‚Marie, schau mal, bei Facebook gibt es eine Gruppe gegen dich.‘ Und als ich nachgeschaut habe, standen da 150 total gemeine Kommentare.“
„Bildschirm voller Gemeinheiten“
Jeder konnte sehen, welche abfälligen Bemerkungen da über Marie gemacht wurden. Sie traute sich kaum noch in die Schule. Ihr Vater wollte zwar helfen, wusste aber nicht wie: „Man fühlt sich völlig hilflos, wenn man nicht herausfinden kann, wer dahintersteckt. Das ist ja nicht wie auf dem Schulhof, wo man eine reale Person vor sich hat. Hier steht man einfach nur vor diesem Bildschirm voller Gemeinheiten.“
Social Web künftig nicht mehr Privatsache
Facebook Paris regiert nun auch ins soziale Netzwerk Facebook hinein. Wie Marie geht es vielen Schülern in Frankreich. Eine neue Studie über Mobbing an den Schulen hat herausgefunden, dass jedes zehnte Schulkind regelmäßig Opfer von Beschimpfungen, Hetzkampagnen oder sogar physischer Gewalt ist. Das Problem mit dem Cybermobbing war bisher, dass sich die Schulen dafür nicht verantwortlich fühlten, weil sie Internet und soziale Netzwerke unter Freizeit und Privatleben abbuchten.
Regierung lässt durchgreifen
Das will Erziehungsminister Luc Chatel jetzt ändern. Lehrer bekommen Fortbildungskurse und werden in Sachen Internetkommunikation auf den neusten Stand gebracht. Sie sollen regelmäßig checken, was ihre Schüler über Klassenkameraden im Netz verbreiten. Und falls sie auf Mobbing stoßen, müssen sie reagieren, so der Minister:“Wir haben uns mit Facebook geeinigt, dass das Konto von Schülern, die mobben, sofort geschlossen wird.“
Den Tätern droht eine Anzeige, den Opfern hilft eine Organisation, die sich auf Schülermobbing im Netz spezialisiert hat. Sie hat auch eine Hotline eingerichtet, bei der sich Schüler melden können. Es werden von Woche zu Woche mehr Anrufe , sagt Dominique Delorme. Delorme stellt immer wieder fest, dass die Eltern dem Problem tatsächlich völlig hilflos gegenüberstehen: „Es ist nicht so, dass sie sich dafür nicht interessieren. Aber die Eltern wissen meistens gar nicht, was ihre Kinder im Netz so treiben, die haben keine Ahnung, was da abgeht.“
Mobbing auf Lehrplan der Lehrerausbildung
Facebook France: Login-Seite Großansicht des Bildes Login-Seite von Facebook Frankreich Diese neue Kampagne gegen Cybermobbing ist revolutionär, findet der Soziologe Eric Debardieux. Er hat die Schülerstudie mit den neuen Zahlen veröffentlicht und damit die Ausmaße des Problems in Frankreich publik gemacht. „Man hätte die Mobber ja auch von der Schule verweisen können. Das wurde nicht gemacht – stattdessen werden die Schulen jetzt miteinbezogen: Sie werden mit zur Verantwortung gezogen. Darüber bin ich sehr froh.“
Vorbeugen und Erkennen sind die wichtigsten Punkte, deswegen soll das Mobbingproblem in Zukunft schon bei der Ausbildung der Lehrer an den Universitäten thematisiert werden.
Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/cybermobbing102.html
Kommentar:
Frankreich war schon 2004 führend im Kampf gegen Mobbing, während Deutschland noch immer das Schlusslicht bildet. Bereits zwei Mal hat der Petitionsausschuss sich dagegen ausgesprochen ein Anti-Mobbinggesetz anzugehen, wie es in anderen Ländern bereits geschehen ist.
Wenn Facebook sich in Frankreich beriet erklärt hat, das Konto von Schülern, die mobben zu schließen, dann sollte das in Deutschland doch auch möglich sein.