Bildzeitung heute – der Fall Joel
Tödliche Facebook-Botschaft Mutter überzeugt: Sohn wurde in den Selbstmord gemobbt
Joël, 13, öffnete auf seinem Computer die Nachricht eines Freundes. Als er las, was der geschrieben hatte, lief der Junge aus dem Haus und ließ sich von einem Zug überrollen
Internet Mobbing: Tödliche Facebook-Botschaft: Junge ließ sich von einem Zug überrollen
VON KAROLIN SCHNEIDER
BILD am SONNTAG
Es sind Sätze, bei denen ein Erwachsener ungläubig den Kopf schüttelt, die einen dreizehnjährigen Jungen aber erschüttern können: „Du bist ein a . . . Homo. Du bist schwuler als die Polizei erlaubt!“ Darunter tanzen Buchstaben das Wort „Schwuchtel“ und ein harter Pornofilm, der zwei Männer beim Sex zeigt, ist zu sehen.
Zu sehen in einem Netzwerk, das sich als „sozial“ bezeichnet. Wäre Facebook ein Staat, er wäre nach China und Indien der bevölkerungsreichste. Für fast 600 Millionen Menschen ist dieser Staat eine Heimat, in der sie ihr Leben mitteilen und mit anderen teilen. In den USA ist Facebook beliebter als Google. Dieses Imperium hat einen Wert von über 36 Milliarden Euro, es hat die Welt verändert, und es hat einem Jungen namens Joël H. das Leben genommen. Davon ist seine Mutter überzeugt. Ihr Sohn sei im Internet in den Selbstmord gemobbt worden.
BILD am SONNTAG trifft Michaela H. im österreichischen Velden. Vor zwölf Jahren zog die 44-Jährige mit ihrer Familie von Kassel (Hessen) an den Wörthersee. Ein Jahr später trennt sich das Paar. Joël wächst als Scheidungskind auf, übernachtet mal beim Vater, mal bei der Mutter; seiner Entwicklung scheint das nicht zu schaden. Jahrelang und in allen Schulfächern hat er nur Einsen. Mit drei Jahren lernt Joël mit seiner Mutter Hebräisch, mit fünf erklärt er seiner Kindergärtnerin, was gut ist für seine „kognitive Entwicklung“.
Als er aufs Gymnasium kommt, steht er mit seiner Hochbegabung allein da, er wird von anderen Schülern gemobbt, seine Noten werden schlechter: „Ich habe gewusst, dass Joël wegen seiner paar Kilos zu viel und seinen Klamotten gehänselt wird, aber zu Hause sprach er nie darüber, und immer wenn ich ihm vorschlug, doch mal seine vier großen Brüder mit in die Schule zu nehmen, sagte er: ,Mama, Gewalt ist keine Lösung.‘“ Sie habe, sagt Michaela H., das Problem Mobbing völlig unterschätzt.
Auch sein bester Freund Philip ahnt nicht, wie sehr Joël unter den Schikanen der Mitschüler leidet. Die beiden reden nicht über Gefühle, welche 13-jährigen Jungs tun das schon, Fußball und Autos sind ihre Leidenschaft.
Um Autos geht es auch am 14. Mai des vergangenen Jahres, es soll der letzte Tag in Joëls Leben werden, und er beginnt schön. Die Jungs haben schulfrei, es ist Christi Himmelfahrt, das große VW-GTI-Treffen, auf das sie sich wochenlang gefreut haben, findet endlich statt. „Alle, die Joël an diesem Freitag getroffen haben, haben mir gesagt, wie gut er drauf war“, erinnert sich Michaela H.
Nach dem Auto-Gucken, so gegen halb neun, gehen Joël und Philip in die Wohnung von Joëls Vater, der ausgegangen ist. Sie wollen sich einen Jungen-Abend machen, Pizza essen, ein bisschen im Computer surfen, der in Joëls Zimmer steht. Sehr zum Verdruss der Mutter. „Bei diesem Thema gab es oft Streit zwischen Joël und mir. Ich habe keinen PC in seinem Zimmer erlaubt. Bei seinem Vater durfte er alles.“
Es muss gegen 21 Uhr gewesen sein, als Joël seine Facebook-Seite öffnet und auf den Link klickt, den ihm einer seiner 64 Freunde auf seiner virtuellen Pinnwand hinterlassen hat.
„Arschgefickter Homo“ steht da. Sein Freund Philip, der mit am Computer sitzt und erst Monate später über diesen Moment sprechen kann, erinnert sich, dass Joël „total schockiert“ war und meinte, dass sie jetzt nicht nur über ihn lachen, sondern ihn auch noch als schwul abstempeln würden.
„Ich geh mal schnell zur Toilette“, soll er danach zu Philip gesagt haben. Als er nicht zurückkommt, sucht ihn Philip in der Wohnung. Er sieht, dass die Terrassentür weit offen steht. In Panik läuft er los, um seinen besten Freund zu suchen.
Welche Gedanken müssen ihm in diesen Minuten durch seinen Kopf gegangen sein? Wie einsam und verzweifelt muss er durch die Dunkelheit gelaufen sein? Bei diesen Fragen versagt auch heute noch die Stimme seiner Mutter.
Joël muss gezielt in Richtung der Bahnschienen gelaufen sein, die etwa zehn Minuten vom Haus des Vaters entfernt sind. Ob er von vornherein die Absicht hatte, sich auf die Gleise zu legen oder ob ihm der Gedanke erst kommt, als er das Tuten des heranfahrenden Zuges hört, bleibt ungewiss.
Joël legt sich auf die Gleise. Er hört noch das Rattern der Lok. Er spürt das Vibrieren der Gleise. Und sieht nicht auf. Zu schwer ist ihm das Leben geworden. Es ist 21.30 Uhr.
Warum hat mein Sohn sein Leben beendet? Wer ist schuld daran? Habe ich als Mutter versagt? Seit dem 14. Mai 2010 sucht Michaela H. nach Antworten. Wer von Joëls 64 Freunden ihm die tödliche Botschaft geschickt hat, wird wohl nie geklärt werden. Die flehentliche Anfrage seiner Mutter beantwortet Facebook mit einer standardisierten E-Mail: „(. . .) Leider benötigen wir erst eine gerichtliche Verfügung, um deine Anfrage weiter zu bearbeiten (. . .)“. Michaela H. stellt Anzeige gegen Unbekannt, doch die Staatsanwaltschaft Klagenfurt stellt das Verfahren nach wenigen Tagen ein, von der Polizei bekommt sie zu hören, sie solle sich damit abfinden. Es war eben ein Böse-Buben-Streich.
Doch es war mehr als das. Es war Cyber-Mobbing. Was früher das Hänseln auf dem Schulhof war, ist heute das „virtuelle Dissen“. Auf Freundschaftsmaschinen wie Facebook oder SchuelerVZ werden Gerüchte eingesetzt wie Waffen. Und auch wenn man eine Beleidigung, ein Foto mit einem Klick löschen kann, ist es nicht aus der Welt, das weltweite Netz vergisst nie.
Das Gesetz steht Opfern von Cyber-Mobbing kaum bei, die Rechtslage ist in allen Ländern schwierig.
Was muss eher geschützt werden: die Meinungsfreiheit oder die Würde des Einzelnen? „Wie kann es sein, dass jemand meinen Sohn in den Tod treiben kann und nicht strafrechtlich verfolgt wird?“ Manuela H. ist traurig, verzweifelt und wütend.
An dem Gymnasium, in dem Joël in die achte Klasse ging, ist einiges passiert: Facebook ist auf den Schulcomputern gesperrt, es gibt Workshops zum Thema Mobbing, Schulpsychologen sind für die Kinder da. Michaela H. macht das ein kleines bisschen glücklich: „Wenn ich durch meine Geschichte erreiche, dass andere Eltern ihre Kinder nicht unkontrolliert auf Facebook lassen, habe ich Joëls sinnlosen Tod ein bisschen sinnvoll gemacht.“
Quelle: www.bild.de
Hallo Power,
das genügt leider nicht. Ich brauche auch den konkreten Auftrag der Mutter. Unsere Anwälte stehen in den Startlöchern. Aber ohne einen konkreten Auftrag eines Betroffenen kann auch ich nichts tun.
Hier gilt es also der Mutter Mut zuzusprechen, sich nicht damit abzufinden. Bei ihrem Schmerz um das verlorene Kind ist es nicht ganz einfach, das zu vermitteln. Da ist sicher auch der Wunsch zur Ruhe zu kommen. Letztlich ist es ihre Entscheidung, nicht meine.
Kämpfen!
Klopfen Sie facebook weich, und lassen Sie den Veröffentlicher der Pornoseite in den USA schließen wegen Kinderpornografie. Und verklagen Sie die tatenlosen österreichischen Behörden. Geht alles, sie brauchen nur ein engagiertes Rechtsanwaltsteam.
Ich biete Frau Michaela H. aus Velden meine Unterstützung an.
Auch wenn Facebook sich darauf beruft erst eine richterliche Anordnung zu benötigen, was korrekt ist, dürfte es nicht so schwer sein bei 64 Facebookfreunden herauszufinden, wer Joel diese Botschaft geschickt hat. Kein Grund aus meiner Sicht das Strafverfahren einzustellen.
Melden Sie sich gern bei mir, Michaela. 040/219 83 289