Heute fand in der Kammer von Richter Grote der Gütetermin des zweiten Mobbingfalles bei der Stadtreinigung Hamburg statt. Ich saß, wie so oft, in der Öffentlichkeit.
Richter Grote stellte fest, dass der Klagantrag auf Feststellung lautete, dass nicht erforderliche Untersuchungen beim personalärztlichen Dienst PÄD unberechtigt gewesen seien und Schadensersatz, soweit mir bekannt € 50.000. Frau Supper von der Stadtreinigung erklärte, die Körperschaft hätte das Recht Mitarbeiter zum PÄD zu schicken. Sie bezog sich auf das Urteil in Sachen Harder, zu dem die beiden Juristen offensichtlich unterschiedliche Auslegungen eines Absatzes hatten. Der Kläger sei über ein Jahr krank gewesen, es hätte ein Feedbackgespräch gegeben, er hätte die Arbeit für 2 Stunden täglich wieder aufgenommen, die Leistungsfähigkeit habe überprüft werden sollen und eine Nachschau nach 6 Monaten. Die Arbeitsfähigkeit sei festgestellt worden, das Arbeitsverhältnis sei ordnungsgemäß abgerechnet und der Kläger wieder tätig.
Der Klägeranwalt trug vor, es sei eine Notsituation geschaffen worden, der Kläger sei nach 20 Jahren Beschäftigung in eine existenzbedrohende Situation geraten und habe diese nur durch Hilfe Dritter bewältigen können, man habe ihm verwehrt die Arbeit wieder aufzunehmen (das erinnert nun wirklich an den Fall Harder) und er habe keine Vergütung erhalten und wäre auf Hartz IV angewiesen gewesen. Außerdem habe er vorher eine andere Tätigkeit gehabt.
Richter Grote beanstandete, dass die Klage erst 10 Monate später eingereicht worden sei. Er sei ja bereits seit Mai 2014 wieder tätig.
Nun meldete sich der Kläger zu Wort und erklärte, er sei ausgegrenzt worden und hätte Existenzängste gehabt. Richter Grote spitze die Ohren (das konnte man beinahe sehen) und nahm doch tatsächlich das Wort Mobbing in den Mund. Was dann geschah, ist nicht nachvollziehbar. Der Klägervertreter hob beide Hände vor sich und sagte: „Nein, nein!“ Chance verpasst!
(Hier war Gelegenheit vorzutragen, dass die Vorfälle Teil eines systematischen Geschehen waren, mit dem Ziel der Ausgrenzung und Existenzvernichtung. Es hätte ebenfalls vorgetragen werden können, dass das kein Einzelfall ist, sondern die derzeitige Politik der Stadtreinigung Hamburg.)
Richter Grote lehnte sich entspannt zurück und erklärte, ein Schmerzensgeldgrund sei nicht dargelegt worden und diktierte für das Protokoll, dass die Klaganträge auf Feststellung zu 1. bis 6. nicht zulässig sind. Der Klägervertreter fragte nach: „Zu 1 auch nicht?“ Richter Grote legte nach: „Nein zu 1 auch nicht. Feststellungsklagen kann man grundsätzlich nicht für die Vergangenheit führen. Da wäre eine Leistungsklage erforderlich. Er gab beiden Parteien auf weiter vorzutragen und terminierte die Hauptverhandlung. (Diesen Nachhilfeunterricht hätte Richter Grote nicht wirklich nötig gehabt.)
Wenn ich mich recht erinnere, hat der Klägervertreter denselben Fehler schon einmal gemacht. So jedenfalls ist der Prozess nicht zu gewinnen!
Im Fall Dorit Köhn ./. Bayerische Landesbank wurden über 600 Seiten vorgetragen: substantiiert! Jede Briefmarke, jedes Fahrgeld, jede zusätzliche Übernachtung, minutiös, unter Angabe der Verursacher mit Zeugenaussagen und Dokumenten unter Darlegung des Kausalzusammenhangs zum jeweiligen Schaden. Über 9 Monate wurde die Klage vorbereitet, bis wir so weit waren, sie einzureichen. Durchgeführt wurde sie von Anwälten, die sich nicht nur auf Mobbing spezialisiert haben, sondern auch im Team mit uns und der Selbsthilfegruppe eng zusammen gearbeitet haben. Trotzdem hat Dorit bekanntlich verloren.
Ich empfehle dem Kläger die Klage zurück zu ziehen, sich einen Anwalt aus unserem Netzwerk zu suchen, die Klage viel besser vorzubereiten – und zwar im Team – und sie dann erneut zu erheben. Man kann nicht einfach zum Gütetermin gehen, buh machen, hoffen, dass der Gegner es mit der Angst zu tun bekommt und entsprechend reagiert, und man dadurch um seine Hausaufgaben herum kommt.
Zu dem heutigen Auftritt fällt mir nur ein Wort ein: peinlich !
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