iShareGossip-Festnahme Verdächtiger entpuppt sich als Trittbrettfahrer

Von Simone Utler
Er gab sich als Betreiber der Mobbing-Website iShareGossip aus und wurde vorläufig festgenommen. Nun ist ein 25-jähriger Lübecker wieder auf freiem Fuß. Er sei nur ein Trittbrettfahrer, so die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt.

Hamburg – Auf der Mobbing-Website iShareGossip können Jugendliche drohen, beleidigen, pöbeln – und damit Mitschüler und Lehrer fertigmachen. Seit Monaten suchen Ermittler den oder die Betreiber. Nur zu gern würden zahlreiche Mobbing-Opfer und deren Eltern die Verantwortlichen der Beleidigungsplattform zur Rechenschaft ziehen. Nun hat die Polizei in Lübeck einen Verdächtigen festgenommen. Doch wie sich bei der Vernehmung des 25-Jährigen herausstellte, handelt es sich offenbar nicht um den Betreiber der Website.
„Nach jetzigem Stand der Ermittlungen ist er ein reiner Trittbrettfahrer“, sagte Oberstaatsanwalt Günter Wittig, der Sprecher der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Freitagmorgen SPIEGEL ONLINE. Der Mann sei am Donnerstag vorläufig festgenommen und befragt worden, inzwischen aber wieder auf freiem Fuß.

Auf die Spur des Mannes kamen die Ermittler über einen Bericht des Sat.1-Magazin „Akte 2011“, in dem sich dieser als der Betreiber von iShareGossip geoutet hatte. Die Hände lässig in den Hosentaschen sprach er vor seinem Wohnhaus in Lübeck mit einem Reporter, das Gesicht war unkenntlich gemacht.

„Wir suchen seit Wochen die Verantwortlichen der Website. Wenn jemand dann verpixelt vor die Kamera tritt, müssen wir der Spur nachgehen“, so Wittig. Die Polizei habe recht schnell den Klarnamen des Mannes ermittelt und nach verschiedenen Überprüfungen die Polizei in Lübeck um eine Festnahme des Mannes ersucht.

Die Polizei bestätigte SPIEGEL ONLINE die Festnahme, wollte aber keine weiteren Auskünfte erteilen.

Nach Informationen der „Lübecker Nachrichten“ war die Polizei am Donnerstagnachmittag vor dem Wohnhaus des Verdächtigen im Lübecker Stadtteil St. Lorenz erschienen. Zivilfahnder hätten vor dem Haus gewartet, bis der Gesuchte gegen 13.20 Uhr mit dem Fahrrad kam. „Manuel T. ließ sich widerstandslos von den Beamten festnehmen“, sagte Frank Doblinski, Sprecher der Polizeidirektion Lübeck, dem Blatt. Am Abend durchsuchten Ermittler die Wohnung des Lageristen und stellten Beweismaterial sicher.

„Den Rest des Teams hintergangen“

In dem Blog blog.isharegossip.com distanzierte sich Alexander Liepa, der im Impressum von iShareGossip als Verantwortlicher geführt wird, aber noch nicht öffentlich in Erscheinung getreten ist, von Manuel T. und bezeichnete ihn als „Verräter“. Manuel T., der sich bei iShareGossip als Kai vorgestellt habe, haben „anscheinend der medialen Verlockung nicht widerstehen“ können. Er habe mehrmals die Bitte geäußert, ein Interview geben zu dürfen. T. sei eines der ersten Mitglieder gewesen und im Laufe der Zeit zum „de facto Chief of Staff der Community“ avanciert. „Er kümmerte sich um Moderatoren und legte zur Not auch selbst Hand an“, heißt es in der Erklärung.

Dass er nun „als Geschäftsführer, Gründer, Administrator, Programmierer, Supporter, Moderator und Pressesprecher“ auftrete, sei bizarr: „Zwar war er in einer führenden Position aktiv, allerdings hatte er nie Zugriff auf Server, Bank- und Affiliate Konten.“ Außerdem habe er zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf kritische Infrastruktur gehabt und sei dementsprechend nicht im Besitz von Daten, die das Team oder User kompromittieren könnten.

„Mit seinem Auftritt bei Akte20.11 hat er den Rest des Teams hintergangen und gegen die interne Satzung verstoßen“, heißt es in dem Blog. T. sei von all seinen Rechten und Pflichten bei iShareGossip entbunden worden, der Kontakt zu ihm werde eingestellt.

Die Gerüchte-Site iShareGossipwar mit öffentlichen Hetzbeiträgen und derben Beleidigungen gegen Jugendliche in die Schlagzeilen geraten. Das Internetportal hatte unter dem Motto „100 Prozent anonym an deiner Schule, Universität oder Arbeitsplatz lästern“ dazu aufgerufen, Gruppen – beispielsweise für Schulen oder Ausbildungszentren – zu gründen und darin anonym Gerüchte zu verbreiten.

Eltern hatten im März die Abschaltung der Seite gefordert, nachdem ein 17-jähriger Streitschlichter brutal zusammengeschlagen worden war. Hetzbeiträge auf der Website waren der Tat vorausgegangen. Der Jugendliche war mit schweren Kopfverletzungen ins Krankenhaus gekommen. Unter anderem erlitt er ein Schädelhirntrauma und mehrere Hämatome.

Rund 60 Strafanzeigen wurden bisher gestellt. Im März griff die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ein, setzte iShareGossip auf den Index. Auf den einschlägigen Suchmaschinen ist die Seite nicht mehr zu finden.

Die Betreiber der Website verstecken sich hinter Anonymisierungsdiensten. Ihnen wird klar sein, dass der Aufruf, andere Menschen zu beleidigen und zu bedrohen, strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Über ein klassisches Internet-Forum, auf dem die Nutzer Unsinn treiben, geht iShareGossip nach Einschätzung von Thomas Hoeren, Professor für Medienrecht an der Universität Münster, weit hinaus.

Mitarbeit Ole Reißmann.

Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,765195,00.html

Kommentar:
Strafrechtlich mag es das nun für Manuel T. gewesen sein, nicht aber zivilrechtlich. Bei unserem Prozess in Berlin werden alle Personen Mitbeklagte sein, die als Moderatoren oder in anderer Funktion dort mitgewirkt haben. Wir gehen von einer gesamtschuldnerischen Haftung aller Beteiligten aus.

Insoweit ist die Frage zu klären, ob die Angaben über Wohnungen, Autos und Einkünfte frei erfunden waren oder ob in inwieweit Gelder tatsächlich geflossen sind und wenn, über welche Konten.

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Über Ricarda

Margit Ricarda Rolf - Gründerin und Leiterin der Mobbing-Zentrale mit mehr als 12.000 erfolgreich beendeten Mobbingfällen.
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6 Antworten zu iShareGossip-Festnahme Verdächtiger entpuppt sich als Trittbrettfahrer

  1. S . Troedsson sagt:

    Hier schreibt der Onkel von Manuel T.
    Manuel ist ein kleiner Träumer der sich gern ins
    Rampenlicht stellen will.Es ist aber schade festzustellen,
    daß das Sat.1 Magazin-Akte 2011 so stümperhaft gearbeitet hat.Denn wäre man professionel vorgegangen,hätte man bemerken müssen das Manuel ein Blender ist.Es ist traurig zu
    sehen das es im Deutschen Fernsehen nur um Einschaltquoten
    geht.Es ist trotzdem unverzeihlich das Manuel sich mit so einer Perversen Aktion ins öffentliche Intresse gesetzt hat.

  2. Ricarda sagt:

    Kein Mensch lebt ohne soziales Umfeld. Auch die Betreiber von ISG haben eines. Stellt sich doch die Frage: wer hat genug Geld eine Belohnung für deren Verhaftung auszusetzen?

    Mich erreichen hier ständig neue Anrufe von Opfern. Es sind nicht mehr nur Schulen betroffen, sondern auch Hochschulen. Wer stellt so viel Geld für die ERgreifung der Betreiber von ISG zur Verfügung, dass jemand aus deren Umfeld plaudert?

  3. Ricarda sagt:

    Leider nicht.

    Manuel T. hat mit IShareGossip überhaupt nichts zu tun. Was im Blog von ISG steht, trifft nicht zu. Manuel T. war noch nicht mal auf der Seite von ISG, geschweige denn Moderator oder mehr. Er steht in keinerlei Bezug zu den Betreibern von ISG, hat nur gehofft mit der Story sein ALG aufbessern zu können.

    Man muss wohl Akte 2011 den Vorwurf machen, nicht gründlich recherchiert zu haben. Sie hätten sich wenigstens Abrechnungen, Autos, Wohnungen usw. zeigen lassen können. Dann wäre ihnen diese Blamage erspart geblieben.

  4. Ricarda sagt:

    Das Internet ist schneller, als die Polizei erlaubt. Er ist arbeitslos.

  5. Ricarda sagt:

    Das sehe ich genauso.

    Im Zivilprozess werden nicht nur die drei Täter aus Berlin verklagt werden und die Betreiberfirma in Lettland, sondern auch der Provider in Schweden und alle Personen, derer wir habhaft werden können. Dazu gehören alle Mitarbeiter von IShareGossip, auch die Moderatoren. Von Manuel T. haben wir die ladungsfähige Anschrift.

    Wenn die Staatsanwaltschaft ihn laufen läßt, heißt das ja nicht, dass man ihn nicht auf Schadensersatz verklagen kann.

    Ich habe gestern mit seiner Oma telefoniert, die seit drei Jahren keinen Kontakt mehr mit ihm hat. Sie sagte, er hätte schon immer etwas gesponnen. Schaut man sich seine Biographie an, dann wird auch klar, dass er einfach auch mal ins Fernsehen wollte. Es wäre mal interessant, zu erfahren, weshalb er nicht mehr im Lager arbeitet und womit er wirklich seinen Lebensunterhalt bestreitet. Mit einem Job offensichtlich nicht.

  6. ko sagt:

    Wenigsten handelt die Kripo in Lübeck ….

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